Verfasst von: kopfgefickt | 14. März 2010

heilt die zeit alle wunden?

der volksmund sagt es zumindest. und tatsächlich könnte man auf die idee kommen, dass dies der wahrheit entspricht. denn je länger ein traumatisches erlebnis zurückliegt, umso weniger schmerzt die erinnerung, manchmal verschwindet der schmerz sogar ganz.

doch das ist trügerisch. denn unser unterbewusstsein vergisst nichts. solche erlebnisse, egal, ob ein missbrauch, ein trauma, ein verlust, eine große enttäuschung oder was auch immer, werden abgespeichert und beeinflussen fortan unser handeln. und je nachdem, wie man mit diesen erinnerungen umgeht, äußert sich die beeinflussung. menschen, die verdrängen, neigen eher zu psychosomatischen beschwerden oder depressionen. menschen, die reflektieren, kommen oft besser zurecht.

geschieht ein trauma jedoch in früher kindheit, so schließt das gehirn die erinnerungen weg. das ist reiner selbstschutz und gut und richtig so. denn das kind soll ja wachsen. diese verschlossenen erinnerungen arbeiten jedoch unbewusst weiter. es ist bekannt, dass ein gehirn, je jünger und beweglicher es ist, umso beeinflussbarer ist. mit anderen worten: weggeschlossene traumata sind bei kindern viel schlimmer als bei erwachsenen. denn diese kinder wachsen mit der beeinflussung auf. schon sehr früh entwickeln sie verhaltensmuster, die man als abnorm bezeichnen könnte, aber auch einfach als „überreaktion“.

und damit komme ich zu mir. mein leben lang habe ich um aufmerksamkeit gebuhlt. erst um die meiner mutter, dann um die meiner großeltern, dann um die meiner freunde im kindergarten und in der schule und schließlich um die der männer. es ging mir immer nur darum, die aufmerksamkeit zu bekommen. ich bin eine rampensau geworden. ich genieße den mittelpunkt und wenn sich alles um mich dreht. und ich bin tödlich verletzt, wenn man mir im gespräch nicht zuhört. in meiner kindheit passierte es oft, dass meine großeltern mein gerede einfach ignorierten. das führte sofort dazu, dass ich mich ungeliebt fühlte.

schon in frühester kindheit habe ich aufmerksamkeit mit zuneigung verbunden. fehlte letzteres, konnte ersteres nicht gegeben sein, denn die konsequenz aus der fehlenden zuneigung meiner mutter war ja, dass sie mich abgab. wenn ich männer kennenlernte, dann sehr oft den typ mann, der sich nicht entscheiden konnte oder nicht bekennen wollte. ich bildete mir immer ein, ich müsste nur zauberhaft genug und lieb genug und heiß genug sein, dann würde er mich lieben. und nach einer weile stellte ich meist fest, dass er wirklich einen schaden hatte und sich nicht bekennen KONNTE. was mich nicht davon abhielt, weiter heilen und bekehren zu wollen. um mir immer und immer wieder zu beweisen, dass ich weder liebe noch aufmerksamkeit verdient habe, weil meine mutter dies schon nicht für mich übrig hatte.

mit meiner therapie und jeder menge selbstreflektion sind mir viele dieser muster klar geworden. die tatsache, dass ich die geschichte mit m. mir zuliebe beendet habe, sehe ich als großen fortschritt. denn er ist kaputter als ich. was ich noch lernen möchte ist, mit den mustern, die ich immer wieder an mir beobachte, umgehen zu können, sie eventuell sogar zu ändern. mich selbst umzuprogrammieren.

und auf dem weg dahin drehe ich mich um und sehe erstaunt das riesenstück weg, das bereits hinter mir liegt. und mich erfüllt stolz auf mich selbst, denn diesen weg bin ich allein gegangen, ich bin ihn TROTZDEM gegangen. ich habe den rückschlägen nicht nachgegeben und mich nicht wieder in das loch fallen lassen. ich habe gekämpft und ich kämpfe weiter. denn ich bin stark. das weiß ich endlich wirklich. tief in mir ist diese erkenntnis endlich angekommen.


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